Kinderhack

Zu wenig Milch? Stillprobleme? Jede Mutter kann Pulle geben. Pulle ist das Beste für dein Baby (Teil 2)

Mutter gibt Fläschchen

Es gibt drei Möglichkeiten:

A) Du bist gar nicht überzeugt von dieser Aussage, B) du nickst zustimmend, oder C) du rümpfst die Nase, fühlst aber gleichzeitig eine Erregung der Neugierde.

Liebe Person A, geh bitte zurück auf Los (Teil 1 dieser Story).

Liebe Person B, und wie kamst du zu dieser Überzeugung? Vielleicht ähnlich wie ich?

Liebe Person C, bist du eine Mutter? Du musst mal deine innere Stimme finden. Die liegt wahrscheinlich zugepolstert unter Stillwürsten und Kissenbergen, übertönt von denen deiner Beraterinnen, Mamitreffs und Kursleiterinnen. Alle singen unisono: Stillen ist das Beste für dein Baby.

Hör dir mal meine Geschichte an, um zu erfahren, wie das mit der Muttermilch bei einigen Müttern den Bach runterlaufen kann (ohne, dass auch nur eine Bachforelle die Trübung bemerken würde, bei so wenig Milch, wie ich sie hatte!). Vielleicht läuft’s bei dir auch nicht und du benötigst mal eine Geschichte einer Leidensgenossin mit gutem Ausgang.

Und so geht die Geschichte

Auf meine schlappe Milchquelle reagierten meine beiden im Abstand von vier Jahren geborenen Kinder durchaus unterschiedlich. Und auch ich selbst bin das Still-Problem beide Male anders angegangen. Am Ende aber griff ich in beiden Fällen zur Pulle. Weil ich’s konnte. Weil das nun wirklich jede Mutter kann. Flasche auf, Wasser rein, Mikrowelle an, Pulver rein, Schütteln, fertig. Und es war das Beste! Für meine Babys und für mich.

Der Junge – Vorher: Armer dürrer Nippelegel, später: Klopsmeister Strahlemann

Kind Nummer eins nahm gleich ab der Geburt schlecht zu, war unruhig und unzufrieden, wollte nur an die Brust – so weit, so normal? Über Wochen und Monate? Finde ich nicht! Das Spargelmännchen schlief schlecht oder stundenlang gar nicht ein. Und wenn doch endlich (nach dem Dauerstillen von 2 bis 4 Uhr in der Früh), dann nur für 20 bis 50 Minuten. Danach musste die platte Brust schon wieder her. Auch im Kinderwagen, in dessen Geschunkele Babys doch für gewöhnlich gar nicht anders können, als einzuschlafen, war das schmächtige Wesen oft von Unruhe gebeutelt. Erst nach qualvollen drei bis vier Monaten habe ich – und damit viel zu spät – auf Fläschchen geswitcht. Ich war unsicher, meiner Hebamme zutiefst hörig und zudem eine übertrieben ehrgeizige Leistungsstillerin gewesen. Es gab keine, aber auch keine „stillfördernde Maßnahme“, die ich mir nicht von der Hebamme oder der Stillberaterin habe aufschwatzen lassen und gebärdete mich wie eine Hausaufgaben-hungrige Streberin.

Um nur ein Beispiel zu nennen: Ich pumpte während der meisten Stillepisoden an der jeweils freien Brust zusätzlich Milch ab, während ich an der anderen stillte. Anschließend musste dem Baby, wie einem Säugetierchen in einer Aufpeppelstation, mit einer Spritze die abgesaugte Milch in den Mund eingeflößt werden – auch wenn das meiste vorbei ins Sofa lief. Das tat ich zehn mal am Tag, sogar nachts, und aß dosenweise Bockshornkleekapseln (und aus Zeitnot zu wenig echtes Essen) bis mein müder, verspannter Körper durch das Kräuterzeug wie eine Flasche Maggie Würze müffelte. Alles, was ich damit förderte, war mein eigener Wahnsinn. Ich stillte mich dämlich, mager und in einen geistigen Dämmerzustand. Der Kleine zeigte trotz des Stilldrillcamps keine bessere Laune und nahm auch nicht so richtig gut zu. Irgendwann traute ich mich und bot ihm eine große Flasche Teufelszeug „Pre“ an. Er exte seine erste Pulle, 230 ml, in eins weg, wie jemand, der am verdursten ist. Von da an zerkratze er mir knurrig die Brust beim Stillen, so dass ich es bald komplett sein ließ und das war gut. Der Meister wurde ziemlich schnell ein kleiner Klops mit reichlich Babyspeck und war von da an einfach gut drauf. Und konnte schlafen.

Das Mädchen – Vorher: Nur am schreien, Nachher: Das entspannteste Baby von ganz Prenzlauer Berg

Bei unserem zweiten Baby war ich viel resoluter. Schon vor der Geburt unseres Mädchens schwor ich mir, ganz natürlich zu stillen und alle, auch noch so gut gemeinten Still-Pimping-Vorschläge der Hebamme, wenn sie denn kämen, abzuweisen: Ich wollte mich nur aufs Sofa fläzen und anlegen, ohne Schnickschnack. Ohne Pumpstation, ohne Tabletten, ohne verspannnende Kamasutra-Stillpositionen, die dem Baby einen besonderen Milcherguss im Vergleich zur Normalo-Haltung bescheren sollten. Einfach ohne Stress und ganz entspannt füttern, denn vielleicht war das die Lösung. Wo kein Stress ist, öffnen sich die Nippelkanäle. Oder? Was übrigens bei dem Mädchen anders als beim Jungen und für die Kein-Stress-Taktik sehr förderlich war: Die Kleine schlief ab der Geburt weitestgehend durch und auch tagsüber schlief sie am liebsten.

Aber eins hasste sie dennoch sehr bald: Die Brust. Meine beiden Mückenstiche schrie sie nach 3 sehr ruhigen Wochen öfter mal an. Irgendwann kamen die Kreischanfälle, aus denen ich sie nicht mehr heraus bekam. Bald traute ich mich mit ihr nicht mal mehr nach draußen, dabei war schönstes Straßencafe-Sommerwetter. Natürlich war ihr Gewicht nicht so prächtig, weshalb meine Kunstsauger- und auch Kunstmilch-zugewandte Hebamme warnte, dass bald Premilch zugefüttert werden sollte.

Der Tag, an dem es kam, wie es kommen musste

Eines heißen Sommertages schrie die Baby-Kommandantin nur noch, sowohl an der Brust als auch sonst. Nix ging mehr. An solch‘ richtig heißen Tagen muss die Milch übrigens ruckizucki laufen, denn die Babys benötigen dann viele kleine Portionen der dünnen vorderen Milch, um den Flüßigkeitsbedarf neben ihrem Hunger zu stillen. Aber: Schnelle Durstlöscher gab’s an meiner Theke leider nicht. Bei mir musste ein Babymund richtig anpacken und hart arbeiten, um ’nen bisschen was gegen Babyhunger und eben auch Babydurst zu kriegen.

Die Pre-Milch-Ausstattung hatte ich zur Sicherheit schon besorgt. Das schreiende Mädchen (gerade sechs Wochen alt) stürzte die erste Pulle ohne Pause runter und orderte den ganzen Tag mehr, am Ende hatte sie 500 ml gesoffen und war plötzlich entspannt wie eine Besoffene. Bis zum Autonomie-Alter (in dem sie dann doch wieder zur unzufriedenen Kommandantin wurde) habe ich bei ihr keinen Kreischanfall mehr erlebt und sie wurde – ohne zu übertreiben – zum liebsten, angenehmsten, einfachsten Baby in ganz Prenzlauer Berg.

Und du so?

Jetzt noch mal zu dir, falls du noch stillst und schwankst: Wie klappt das bei dir denn? Bist du auch kurz davor, das Stilltuch zu schmeißen? Hast du schon oft darüber nachgedacht, das Sofa zu räumen? Würdest du am liebsten der Hebamme den ganzen Medela- und Lansinoh-Krempel vor die Füße werfen? Die nächste Folge dieser Reihe listet sieben Anzeichen, die dir zeigen, dass ein Umstieg auf Milchpulle vielleicht das Beste sein könnte, wenn eine Vielzahl davon auf dich zutrifft.

3 thoughts on “Zu wenig Milch? Stillprobleme? Jede Mutter kann Pulle geben. Pulle ist das Beste für dein Baby (Teil 2)

  1. OMG ich habe es mit meiner Tochter genauso erlebt wie du mit deinem Sohn… 1 zu 1. Und nach dem ich mich TOTAL verunsichert fühlte ob das mit der Flasche wirklich die beste Entscheidung ist, es tut so gut das hier zu lesen! Bin noch mittendrin zu pumpen um meine Milch iwie zurückzukriegen ohne dass es dafür das minimalste Anzeichen gäbe und ich habe beschlossen es einfach zu lassen und heute Nacht mal einfach gut zu schlafen. Danke dir!!!

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