Interviews mit Eltern in der Corona-Krise: Bei Mo’s ist was los!
#DeinHack-Interview mit Andreas Magino über die Corona-Zeit mit seinem Sohn
Wie kommen Väter in der Corona-Krise klar? Was Andreas Magino, oder kurz „Mo“, aus Düsseldorf in dieser Zeit durch den Alltag mit seinem dreijährigen Sohn bringt? Vielleicht ist es seine gelassene Art, die ihn stets begleitet und die bei unserem Gespräch immerzu um uns herum flattert. Auch wenn er oft Worte wie „stressig“ und „extrem“ verwendet.
Mo heißt in echt Andreas Magino. Er ist 46 und hat drei Schützlinge zuhause in der Düsseldorfer Familienbude, eines davon menschlich: Bruno, während des Lockdowns drei Jahre alt geworden. Die Katzen Elliot und Lucy wuseln schon seit 13 Jahren um ihn herum und haben den Neuankömmling ebenfalls sehr lieb gewonnen. Mo ist selbstständiger Kreativer: Grafik-Designer. Genauso wie seine Frau Katrin. Beide arbeiten gerne, genießen aber auch das noch recht neue Leben mit Bruno, der nebenbei auch ganz gerne in die Kita geht. Das ist gut so, denn die Arbeit ist oft nicht gerade knapp und die Kunden drängen mit ihren Deadlines. Und dann platzt Corona herein. Kitas zu.
Kinderhack: Und nun? Wie ist der neue, nicht freiwillig gewählte Alltag bei euch?
Mo: Also, bis letzte Woche (quasi bis zum 1. Mai) war unser Alltag extrem stressig, da wir beide selbstständig sind und wir auf der Arbeit noch sehr viel zu tun hatten. Das ging soweit, dass ich vorletzte Woche – vor einer wichtigen Abgabe – „freiwillig“ morgens um Viertel nach sechs wach war und mich um sieben ins Büro geschliffen habe. Homeoffice mit einem Dreijährigen und nur einem großen Küchentisch in der Wohnung geht halt nicht, aber das Büro ist Luftlinie nur 300 Meter entfernt und meine Kollegen sind gerne und freiwillig in Quarantäne gegangen. Hab‘ also seither viel Platz…
Kinderhack: Und wie ist es jetzt? Macht sich in euren Aufträgen schon eine Corona-Flaute bemerkbar?
Mo: Das noch nicht. Sagen wir mal so: Es ist jetzt deutlich entspannter, da alle Jobs mit Termindruck durch sind. Jetzt lässt sich das wohl auch endlich wirklich alles in der „neuen“ 30-Stunden-Woche schaffen.
Kinderhack: Wie viele Stunden arbeitest du sonst?
Mo: Also, eigentlich haben wir untereinander 40 Wochenstunden vereinbart, aber seit ich Papa bin und Bruno in die Kita geht, habe ich auf 35 Stunden reduziert. Dafür habe ich jetzt etwas weniger Urlaubstage als die Kollegen, aber der ist bei Selbstständigen ja sowieso immer rar gesät. Und im Moment ist Urlaub ja das Letzte, an das man denkt…
Kinderhack: Und wie teilt ihr euch bzw. eure Arbeitszeit jetzt auf?
Mo: Ich bin die erste Zeit des Tages im Büro und meine Freundin hat anschließend ihre Schicht bis zum Abend. Da unser Kleiner eher eine „Nachteule“ ist (was durch Corona und den fehlenden Kita-Alltag noch befeuert wurde), sehen wir uns auch noch alle abends zum Dinner am großen Küchentisch zwischen 20 und 21 Uhr.
Kinderhack: Das klingt im ersten Moment, als würde alles gut aufgehen, und gleichzeitig – auf lange Sicht betrachtet – ist das doch wie bei vielen Familien ein Staffellauf im Marathonformat. 30 Stunden sind happig. Was sind die größten Herausforderungen?
Mo: Diese gewisse Routine in den Alltag zu bekommen… aber auch das klappt immer besser. Mittlerweile kriegen wir es auch hin (beinah) täglich kurz rauszukommen, damit wir alle etwas Frischluft abbekommen und Bruno sich austoben kann. Ist aber auch schon passiert, dass wir drei vier Tage am Stück nicht draußen waren, da es den kleinen Kerl nicht immer zwingend ins Freie zieht (Turnen und Toben kann man ja auch prima auf der Couch im Wohnzimmer oder auf dem Hochbett).
„Improvisieren hilft ganz gut… aber das muss man ja mit Kleinkindern eigentlich immer!“
Kinderhack: Ist eine Routine wichtig und wenn ja, warum? Für Kinder und/oder für die Erwachsenen?
Mo: Routinen sind für alle wichtig, klar. Sie strukturieren unseren Alltag und sorgen dafür, dass wir nicht im Chaos versinken bzw. nur das tun, worauf wir gerade Lust haben. Und das gilt nicht nur für Bruno. (Mo zwinkert)
Wir versuchen uns gerade an einem eurer Kinderhacks, nämlich den mit der Uhr und der Aufteilung des Tages in vorgegebene Routinen (Ruhezeit, Tobezeit, Auszeit usw.). Gebt uns noch ein zwei Monate und dann klappt auch das!
Kinderhack: Die Uhr, super! (Hier geht’s zur Anleitung) Ich kann dir sagen, dass wir schon rausgefunden haben, dass man die Themen nur anheften sollte. Nach und nach stellt man fest, dass man zu leicht anderen Routinen übergehen oder Wechselroutinen (Regentag oder Sonnentag?) einführen muss.
Aber zurück zu euch: Was fällt euch sonst noch schwer?
Mo: Ich bin kein großer Freund von Video-Calls und Online-Chats, d.h. den Kontakt zur Familie und Freunden zu halten, fällt mir gerade etwas schwer.
Kinderhack: Und zu den Großeltern? So manch‘ eine Person jenseits von 80 lernt das Videochatten ja in der Krise nur für die Enkelkinder.
Mo: Ha! Oma und Opa werden noch ganz klassisch angerufen (alles andere würde zu Bluthochdruck und Tobsuchtsanfällen meinerseits führen), Fotos und Videos per WhatsApp verschickt und ab und an ein Zoom-Call mit Freunden – das passt dann schon! Wenn Bruno Oma und Opa anruft, ist das Gespräch meistens nach etwa zehn Sekunden beendet, da er sich dann schnell wieder um seine Autos oder die Eisenbahn kümmern muss – auch wenn der Impuls, anzurufen, meist von ihm ausgeht – und bei Gesprächen mit seinen Kita-Freunden, ist es auch nicht viel besser. Da unterhalten sich dann meist die Eltern weiter. Dann doch besser ab und an auf dem Grünstreifen im Viertel treffen: die Kids können gemeinsam herumlaufen und Löcher buddeln und die Eltern unterhalten sich in „echt“ (natürlich immer mit gebührendem Sicherheitsabstand)… maximal fünf Minuten am Stück bzw. bis der Erste irgendein anderes Spielzeug will oder getröstet werden muss.
Kinderhack: Ihr scheint die Herausforderungen der Krise doch ganz locker gemeistert zu haben.
Mo: Naja, eine hartnäckige Schwierigkeit war bislang noch die regelmäßige Versorgung mit Nahrungsmitteln. Wir sind da sehr schlampig und durch unseren sehr späten Rhythmus manchmal auch ernsthaft unkreativ (dann gibt es zum Mittag oder abends auch schon mal ein weiteres Müsli oder Porridge). Aber auch da haben wir mittlerweile „aus der Krise gelernt“ und machen jetzt schon in der dritten Woche einen „Wochen-Essensplan“ und siehe da: das tägliche Essen gestaltet sich direkt nicht mehr ganz so einseitig – yesyo!
Kinderhack: Das klingt nach einem Corona-Hack. Wobei wir schon bei der Core-Frage wären: Any Hacks? Erzähl mal von dem Plan!
Mo: Samstagvormittags wird sich hingesetzt und beim ausgiebigen Frühstück bzw. Brunch über das Essen für die ganze Woche, für jeden Tag nachgedacht. Das entpuppte sich als echt ganz schön schlau. Eine ganz großartige Sache… macht auch den Wocheneinkauf deutlich einfacher (und mehr als einmal die Woche braucht man dann auch nicht mehr raus… außer vielleicht zum Bäcker oder Metzger).
Kinderhack: Ich frage mich, warum wir noch nicht darauf gekommen sind. Sehr vielen Dank! Noch einer?
Mo: Ansonsten nur noch Tipps. Improvisieren hilft ganz gut… aber das muss man ja mit Kleinkindern eigentlich immer! Und wenn gar nichts mehr geht, dürfen es auch mal fünfzehn Minuten mit dem Tablet und „der Maus und dem Elefanten“ sein.
Außer in der Elternzeit habe ich noch nie so viel Zeit am Stück mit meinem Sohn verbracht. Also, eine total gute Erfahrung und Erinnerungen für die Ewigkeit.
Ach ja, was definitiv gar nicht geht, ist „Kindermusik“ auf Spotify! Da muss man wirklich aufpassen, sonst landet man sehr schnell in der „Ballermann auf Malle mit komplett grenzdebilen Texten“-Hölle. Und wie man garantiert immer zu den noch schlimmeren Songs kommt, hatte Bruno innerhalb von wenigen Minuten rausgefunden (das sind nämlich meistens die mit Baggern, Dinosauriern oder Rennautos auf dem Cover). Da hilft dann nur „Stecker ziehen“ und vielleicht doch lieber gemeinsam ein Buch anschauen.
Kinderhack: Mir fällt auf, dass du bei all den widrigen Umständen sehr heiter wirkst, und so, als würdest du jede Herausforderung sportlich nehmen. Ist der das der wahre Corona-Hack – die Einstellung?
Mo: Im Großen und Ganzen klappt es ja mittlerweile auch echt gut bei uns. Außer in der Elternzeit – das waren aber nur drei Monate – habe ich noch nie so viel Zeit am Stück mit meinem Sohn verbracht. Also, eine total gute Erfahrung und Erinnerungen für die Ewigkeit.
Ewig möchte ich das so dann aber auch wieder nicht machen, denn zwischendurch ist es schon brutal anstrengend, und den Job von Erziehern und Lehrern sehe ich mittlerweile mit ganz anderen Augen. Hoffen wir also für alle, dass bald ein Impfstoff gefunden wird und Familie dann zwar weiterhin ein Full Time-Job ist (einer der besten, die man sich vorstellen kann), aber man die Verantwortung und Aufsicht zwischendurch auch kurz mal wieder abgeben kann.
Wir befragen andere Eltern zu ihren Corona-Hacks. Hack’ste mit? Dann schreib‘ uns an info@kinderhack.de! Hier findest du die Fragen als Word-Dokument: Kinderhack-Interview
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